Es fehlt mir, dies ausgezeichnete Training. Der Druck, unter dem ich mich selbst verpflichtet hatte zu schreiben. Zu wissen, dass der Text höchst wahrscheinlich veröffentlich würde. Die Freude, ihn veröffentlicht zu sehen und auf meine Homepage zu laden. Irgendwann in diesem Jahr wurde es jedoch schleichend unerfreulicher. Wollte man mich loswerden? Kannte man nur passive Aggression, die denjenigen, den man zum „freiwilligen Gehen“ zwingen möchte, zermürbt und verunsichert, hatte ich mich gefragt. Hat das Buddhistische Magazin, für das ich seit Jahren schrieb, eine neue Leitung? Der Stil der Korrekturen hatte sich zweifellos geändert. Es hatte aber eine ganze Weile gedauert, bis ich eine gewisse Regelhaftigkeit zu erkennen glaubte, und noch später, bis ich diese erkannte und ernst nahm. Das Schreiben machte keine Freude mehr. Immer öfter wurde meine Denke und Schreibe regelrecht zensiert. Wenn beispielsweise ein Satzteil fehlte, weil ich diesen, zum Beispiel das Verb, schlichtweg vergessen hatte, wurde nicht nachgefragt oder einfach versuchsweise ergänzt. Wurde eigentlich verstanden, was ich schrieb?
Als ich nachfragte, hörte ich, der Stil des Heftes müsse sich vereinheitlichen oder so ähnlich. Der Arbeitsdruck sei ferner sehr hoch geworden. Als ich vorschlug, meine Texte selber redigieren zu lassen, damit erst gar nicht mehr durch die Hände der Lektorin müssten, ging das auch nicht. Offenbar war deren „Okay“ wichtig. Wollte man am Ende nur Journalistinnen oder Journalisten haben? Dass ich immerhin Fremdsprachensekretärin war und Lehrerin für Kreatives Schreiben bin, schien eher hinderlich zu sein. Man muss dazu sagen, dass wir BlogschreiberInnen nicht bezahlt werden! In den ersten Jahren wurde ich angemessen und gut behandelt, fand ich; manchmal wurde ich gefragt, ob ich nicht bereit wäre, zwei Blogs in einer Woche zu schreiben, wenn Feiertage anstanden.
Ich möchte der Vollständigkeit halber erwähnen, dass es Umstrukturierungen im Verlag gegeben haben muss, von denen ich jedoch nur einen Bruchteil hörte. Was ich spürte, war, dass mangelnde Transparenz vorlag, dass wir unbezahlten Autorinnen und Autoren am untersten Ende der Hierarchie standen und der offensichtliche Existenzdruck an uns weitergegeben wurde. Jedenfalls war es bei mir so, vielleicht standen bekannte Autoren Schlange, für das Magazin zu schreiben, ich weiß es nicht. Dies Prozedere beziehungsweise Nicht-Prozedere hat mich enttäuscht. Würde man nicht gerade von den Schreibenden erwarten, dass sie mit offenen Karten spielen? Bestimmt hätte ich diese seltsamen Zusammenstöße nicht weiter für erwähnenswert gehalten, wenn wir eingeweiht, mit Wertschätzung bedacht worden wären und man uns die Dinge erklärt hätte.
Ich konnte es nicht fassen: Die Zeitung gewinnt sehr daran, dass verschiedenste Buddhisten schreiben, man zahlte ihnen keinen Cent, die Zeitung bekommen wir, übrigens nicht von Anfang an, kostenfrei, und man lässt uns nicht den eigenen Stil?
Das Ende meiner Zeit nahte, als ich einen Nachruf auf Rabbi und Zen Lehrer Don Singer schrieb, bei dem der Titel nicht übernommen wurde und statt dessen etwas völlig Unpassendes im Titel stand. Ich habe darum gebeten, diesen Text wieder heraus zu nehmen. Gerade wegen dieses Textes erhielt ich von jüdischen Freundinnen und Freunden großen Zuspruch. Das bedeutete mir mehr, als für die Zeitschrift weiter zu schreiben.
Und, seltsamerweise, wurde meine Kurzrezension des neuen Buches von Christian Dillo „Die größte Lebendigkeit“ nicht akzeptiert. Ich habe meinen Text nach dem Umschreiben einer Redakteurin nicht mehr wieder erkannt. Worauf ich ihr sagte, sie könne nun ihren eigenen Namen darunter setzen. Das Interessante für mich war, dass der Autor selber sich gesehen und gehört sah und sich bedankte. Das Buch ist dick und anspruchsvoll – es verlangte einiges Geschick, die Essenz auf so wenig Raum heraus zu destillieren. Auch der deutsche Zendo, in dem der Zen Lehrer Dillo das komplexe Buch als Workshop vorstellte, warb unter anderem mit der von mir geschriebenen Rezension.
Ich bin schließlich gegangen. Lehrwege können sehr schmerzhaft sein. Da Enttäuschungen bei langjährigen Vertragspartnern in meiner Rolle als betagte Seminarleiterin nach der Pandemie auch nicht zu knapp waren, hatte ich bereits Übung in dieser Disziplin. Buddha und Tara haben sich wieder einmal als gute Freunde an meiner Seite erwiesen.